Der Klimawandel ist in aller Munde und seine Auswirkungen auf unser Leben scheinen sogar schon merklich zutage zu treten. Aufgrund dessen füllen sich aktuell die Straßen mit Demonstrierenden, die zur Klimawende auffordern und die Untätigkeit des Systems und der vorangegangenen Generation anklagen. Neben dem anklagenden Aktivismus gibt es natürlich auch noch die Möglichkeit, einmal selbst über sich und seine eigenen Möglichkeiten nachzudenken. Da Klimaerwärmung etwas mit CO2-Ausstoß und dieser etwas mit Energieverbrauch zu tun hat, tut jeder Einzelne gut daran, auch mal seine eigenen Verbräuche unter die Lupe zu nehmen.
Die Frage, wer die meiste Energie verbraucht, und wo folglich die größten Einsparpotentiale liegen, ist schnell beantwortet. Denn letztlich verbraucht der Verbraucher sämtliche Energie, wie der Name schon sagt. Kein Energie-aufwändiger Vorgang wird in Industrie, Gewerbe, Handel, Dienstleistung, Verkehr oder sonst wo angestrengt, wenn er nicht zum Ziel hätte, damit Geld zu verdienen. Geld verdient man nur mit Dingen, die jemand kauft. Und in der langen Kette von Handelsvorgängen steht der Endverbraucher mit seinen Kaufbedürfnissen am Endpunkt und verursacht damit letztendlich jeden Energieverbrauch, auch wenn er nicht von Anfang an daran beteiligt war.
Wo stecken die größten Einsparpotentiale und wo lassen sich einfach und durch jeden Einzelnen selbst sofort Verbesserungen erzielen? An folgender Grafik, deren Herleitung in diesem Artikel weiter unten genau erläutert wird, kann man sehen, das vor allem die Mobilität und der Bau und Betrieb von Gebäuden eine große Rolle im Energieverbrauch spielen, außerdem auch die Produktion von Konsumgütern.
Bau und Betrieb von Gebäude
Beim Betrieb von Gebäuden beispielsweise geht es vor allem um die Heizenergie und das warme Wasser. Hier könnte Jeder durch sein individuelles Verhalten schnell zu sichtbaren Verbesserungen beitragen. Im Winter die Heizung ein paar Grad runter drehen und stattdessen nicht im T-Shirt sondern Pulli in der Wohnung rumlaufen. Oder beim Duschen nicht eine halbe Stunde lang das warme Wasser laufen lassen, sondern nur 5 Minuten oder gleich kalt Duschen.
Geht man davon aus, dass der Bau eines Hauses und dessen darauffolgenden 50jähriger Betrieb etwa gleiche Anteile in puncto Energieverbrauch einnehmen (*1), und dass man im jährlichen Durchschnitt gegen ein Temperaturdelta von etwa 10 Grad Celsius anheizt (Durchschnitt Außentemperatur Deutschland etwa 10 Grad Celsius *2), Durchschnitt Innentemperatur etwa 20 Grad Celsius), dann wird vermittels eines einfachen Dreisatzes klar, dass jedes Grad Celsius, um dass wir unsere Komfort-Temperatur senken, den Energieverbrauch von ganz Deutschland um 1,85% entlasten würde, wenn es Alle täten. Natürlich ist die Betrachtung theoretisch und nur sehr grob, sie zeigt aber auf, dass hier große Einsparpotentiale schlummern.
Beim Bau von Gebäuden hingegen kann man als Einzelner nur dann Einfluß auf die Energiebilanz nehmen, wenn man gerade Häuselbauer ist und auf Bauweisen mit Naturbaustoffen setzt. Mit Holz und Lehm statt Beton und Ziegelstein lässt sich der Energieverbrauch der Bauerstellung stark reduzieren. Viel entscheidender ist noch, dass sowie Holz als auch Lehm C02-neutrale Baustoffe sind, die zudem vollständig recyclebar sind.
Quellen:
*1) Umweltgerechte Baustoffe, Graue Energie und Nachhaltigkeit von Gebäuden, D.Püschel, M. Teller, Fraunhofer IRB
*2) statista
Mobilität und Güterverkehr
Die Mobilität ist bereits mitten in einer großen Wende. In ein paar Jahrzehnten könnte es fast ausschließlich Fahrzeuge geben, die mit CO2-neutraler Energie fortbewegt werden, sei es grüner Strom oder grüner Wasserstoff oder E-Fuel aus nachwachsenden Rohstoffen. Im Moment ist die E-Mobilität noch eine Krücke, denn der Betrieb mit Kohlestrom macht keinen Unterschied zum Verbrennungsmotor für fossile Brennstoffe. Auch die viel zu leistungsstarken E-Autos mit langen Reichweiten, die derzeit fast ausschließlich verkauft werden, sind an der Idee vorbei. Der Primärenergieinhalt der riesigen Batterien und deren Gewicht reduzieren den CO2-Vorteil des E-Autos zum Verbrenner gewaltig. Kleine Fahrzeuge mit kurzen Reichweiten und gerade ausreichender Motorisierung sind die Autos, die die Elektromobilität erst so richtig sinnvoll machen.
Konsumgüter
Bei dem Konsumgütern sind wir allesamt Gefangene unserer Wünsche. Muß das neue Handy sein? Braucht es die neuen Turnschuhe aus Plastik? Das wievielte internetgebundene Endgerät im Haushalt ist wirklich alternativlos? Braucht wirklich jeder ein E-Fahrrad, der nicht im Alpenraum wohnt und dem vielleicht ein bißchen mehr Sport sogar gut täte? Muß das Auto wirklich ein zwei Tonnen schweres Luxusmodell sein? Das Statistische Bundesamt hat errechnet, dass mit jedem Euro Konsum 2,5 kWh Energieverbrauch einhergehen, die äquivalente Emission beträgt 1,1 kg CO2. Ein aktuelles Smartphone der Luxusklasse kommt so auf bis zu 1,3 Tonnen CO2, und dann ist es noch nicht geladen. Rechne den CO2-Ausstoß Deines letzten PKW-Kaufs einfach selbst mal aus.
Grundsätzlich kann man festhalten, dass wenn Konsumartikel unumgänglich sind, die beste Strategie zum Umweltschutz die Verlängerung derer Nutzungsdauer ist. Nicht gleich neu kaufen, sondern weiter nutzen, so lange es irgend geht.
Ernährung und Landwirtschaft
Beim viel diskutierten Bereich der Ernährung lässt sich leider feststellen, dass nur wenig signifikante Verbesserungen zu erzielen sind. Das hat den einfachen Grund, weil Ernährung und Landwirtschaft mit nur 5% eine sehr kleine Spielmasse ausmachen. Vorschläge wie beispielsweise veganes Essen anstatt Fleisch zu favorisieren, haben kaum Verbesserungspotential in puncto Energieverbrauch. Landmaschinen rollen auch für die Produktion von veganer Kost.
Herleitung des Zahlenwerks
Die Zahlen so aufzuarbeiten, dass man sie auf das praktische Leben projizieren kann, ist nicht einfach. Vom Statistischen Bundesamt und von der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) als deren Datenzulieferer in Sachen Energie bekommt man die Rohdaten zu den Primär- * und Endenergie-Verbräuchen **, in nachfolgendem Artikel kurz Energieverbrauch genannt, geliefert, allerdings in sogenannte Wirtschaftssektoren gesplittet, die sich anscheinend bei Ökonomen etabliert haben. Es sind die Sektoren „Industrie“, „Verkehr“, „Haushalte“ und „GHD (Gewerbe, Handel, Dienstleistung)“.
* Primärenergie ist die Energiemenge, die nach Export und sog. Bunkerung insgesamt im Innland verbraucht wird, inkl. der Energiemenge, die durch Umwandlungsverlusste verloren gegangen ist, inkl. der Nicht-energetischen Verbräuche und inkl. der von der Energiewirtschaft für die Produktion der Energie selbst aufgewendete Energiemenge.
** Endenergie ist die Energiemenge, die bei den verbrauchenden Sektoren ankommt und dort verbraucht wird, ergo exklusive der Umwandlungsverlusste.
Das Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB), ihres Zeichens Datenquelle für Statistische Bundes- und Landesämter sowie die Bundesregierung, liefert neben tiefem Zahlenwerk hierzu folgende Info-Grafik:
Um die Positionen Export und Bunkerung kümmern wir uns in dieser Betrachtung nicht. Das sind Energie, die anderswo oder später verbraucht werden. Die Betrachtung in diesem Artikel beschränkt sich auf das deutsche Inland und auf ein Jahr, das Jahr 2019. Auch wird die Position Statistische Differenzen von -26 PJ vernachlässigt, wodurch sich die Differenz in der Primärenergie von 12.779PJ im Schaubild und 12.805PJ in nachfolgenden Berechnungsschritten erklärt.
Als ersten Schritt zu einer sinnvolleren Betrachtung ist es nötig die Umwandlungsverlusste und den Energieverbrauch der Energiewirtschaft selbst auf die Endenergiearten zu verteilen. Schließlich sind diese Verbräuche keine abstrakten, außenstehenden Größen von irgendwem, sondern durch den Wunsch verursacht worden, Energie und Produkte zu beziehen und zu verbrauchen. Der Nichtenergetische Verbrauch, sprich die Verwendung von beispielsweise Rohöl und Kohle für chemische Prozesse oder für Asphalt im Straßenbau oder bituminöse Produkte des Hochbausektors werden zunächst in Gänze dem Sektor „Industrie“ zugeschlagen, da sie dort für allerlei Produkte verbraucht werden. Letztlich fließen diese Produkte natürlich wieder in den Konsum bzw. den Bau von Gebäuden und Straßen, was in später folgenden Berechnungsschritten verdeutlicht wird.
Die Umverteilung der Umwandlungsverlusste, des Verbrauchs im Energiesektor und der Nicht-energetischen Verbräuche ist in nachfolgender Tabelle zu erkennen. Daraus ergibt sich die darunter ersichtliche prozentuale Verteilung des Energieverbrauchs in Form eines Diagramms:
Energieverbrauch nach Wirtschaftssektor
Die Einordnung in Wirtschaftssektoren mag aus Sicht eines Ökonomen Sinn machen. Für uns Endverbraucher ist sie nicht durchgehend verständlich. Unzweifelhaft ist, daß der Sektor Haushalte zum Endverbraucher zuzuordnen ist, und daß auch Teile des Sektors Verkehr in die Sphäre des Endverbrauchers gehören, nämlich in Form von motorisiertem Individualverkehr. Was steckt aber hinter dem Sektor Industrie und was hinter GHD (Gewerbe, Handel Dienstleistung)? Sind das wirklich alles Verbräuche, die mit dem Endverbraucher nichts zu tun haben?
Zum Zweck der eindeutigeren Zuordnung muß man die Verbräuche in andere Kategorien einordnen, nämlich solche, die etwas mit dem Bedarf und der Verursachung des jeweiligen Energieverbrauchs zu tun haben, nachfolgend Verwendungszweck genannt. Es werden folgende Kategorien gebildet: Bau und Betrieb von Gebäuden, Herstellung von Konsumgütern, Mobilität und Güterverkehr, Ernährung und Landwirtschaft
Kategorie Gebäude Bau und Betrieb
In dieser Kategorie ist der Bau und der Betrieb von Gebäuden jeglicher Art zusammengefasst. Der Betrieb umfasst sämtliche energetische Aufwendungen wie Beheizen, Kühlen, Beleuchten, Informationstechnik, etc. Der Bau umfasst die Gewinnung von Rohstoffen zur Baustoff-Herstellung und das Erstellen der Gebäude selbst.
Kategorie Konsumgüter
Sämtliche Güter, die der Endverbraucher für Geld kaufen kann, sind hierin zusammengefasst, ausgenommen Lebensmittel.
Kategorie Mobilität und Güterverkehr
Hier sind alle Energieverbräuche für die private Mobilität, den sogenannten Motorisierten Individualverkehr (MIV), den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), den Fernverkehr, die Bahn, den Güterverkehr auf Schiene und Straße, etc. enthalten.
Kategorie Ernährung und Landwirtschaft
In dieser Kategorie ist die Landwirtschaft, alle Prozesse der Nahrungsmittelindustrie und die Verbräuche des Lebensmittel-Groß- und Lebensmittel-Einzelhandels enthalten.
Energieverbrauch in Deutschland nach Verwendungszweck
Derart umgruppiert wird deutlich, daß es drei große Themenfelder gibt, in denen es sich lohnt genauer hinzuschauen. Der größte Bereich ist der Gebäudebereich. Mit 39% verschlingt er die meiste Energie. Allerdings ist es in diesem Bereich schwer, etwas durch weitere Optimierungen einzusparen, zumindest bei den Betriebsenergien. Von uns kann außerdem niemand grundsätzlich auf den beheizten Wohnraum, oder warmes Wasser verzichten. Die Raumwärme und das Warmwasser machen allerdings den Löwenanteil aus. Das kann man grob am Energieverbrauch eines Haushalts ² sehen.
Der Verbrauch für Raumwärme und Warmwasser nimmt mit zusammen 84% den Löwenanteil ein. Sonstige Aufwendungen für Kochen, Kühlschrank und Waschmaschine treten in den Hintergrund. Dies hier ist ein gutes Beispiel für die Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Realität, was Energieverbrauch angeht. Der Verbraucher ist in der Regel der Meinung er würde sparsam mit Energie umgehen, wenn er einen effizienten Kühlschrank und eine sparsame Waschmaschine angeschafft hat. Die Bereiche Mechanische Energie und Prozesskälte machen zusammen aber gerade einmal 5% aus. Und sie werden bald von der mit jedem Jahr größer werdenden Position der Informationstechnik (derzeit 3%) überholt. Hierunter versteht sich die Internetnutzung nebst Modem und W-Lan-Router, Handys, Tablets und Laptops nebst Ihrer Ladegeräte, PCs, Fernseher, etc.
Auch in Bürogebäuden, der zweiten dominanten Gebäudekategroie, geht die meiste Energie in die Raumwärme. Zwar fällt in Bürogebäuden idR weniger Warmwasser an, als bei Wohngebäuden, aber dafür Kühlenergie, Raumlufttechnik und mehr Informationstechnik.
Die Beleuchtung von Gebäuden ist in den letzten Jahren durch die LED-Technik in Sachen Energieverbrauch geradezu revolutioniert worden. Im Bestand spiegelt sich das noch nicht wieder (siehe oben), jedoch wird der Energiebedarf für Beleuchtung in Zukunft vernachlässigbar sein. Höher jedoch wurden die Verbräuche in der Informations- und Kommunikationstechnik. Das Internet mit immer größer werdenden Bandbreiten, mehr Servern für mehr mobile Datenverfügbarkeit verursacht beachtliche Energieverbräuche. Laut aktuellen Studien kommen auf jeden Arbeitnehmer ca. 6 Bürogeräte bzw. Endgeräte, deren Energieverbrauch sich im Bereich Information und Kommunikationstechnik abzeichnet. Zudem ist die Entwicklung im IT-Bereich zwischenzeitlich so schnell, dass alle 4 Jahre sämtliche Geräte ausgetauscht werden müssen, um der immer Leistungsfähigeren Software entsprechende Hardwareperformance zur Verfügung zu stellen. Dieser schnelle Turnover im Gerätebereich verursacht immensen Energiebedarf, denn für die Herstellung von IT-Infrastruktur und Bürogeräten wird fast doppelt so viel Energie verbraucht, als diese Geräte während ihrer Betriebszeit verbrauchen³.
Die Energieeinspar-Vorschriften für Neubauten und Sanierungen in Deutschland sind bereits an das Maximum des physikalisch Machbaren herangerückt. Noch dickere Dämmung bringt fast keine Verbesserung mehr, sondern wird von der Herstellungsenergie der Dämmung selbst überholt. Gleiches gilt für die weitere Optimierung technischer Anlagen für Wärmerückgewinnung oder für noch effizientere Heizungen. Moderne Neubauten sind in ihrer Verbrauchsbilanz schon so optimiert, dass deren Herstellungsenergie über die Gebäudelebenszeit gerechnet mittlerweile genauso hoch ist, wie die für den Betrieb aufzuwendende Energie¹ über die gesamte Lebenszeit.
Quellen:
1 Umweltgerechte Baustoffe, Graue Energie und Nachhaltigkeit von Gebäuden, D.Püschel, M. Teller, Fraunhofer IRB
2 Quelle: Erstellung der Anwendungsbilanzen 2019 für den Sektor der Privaten Haushalte und den Verkehrssektor in Deutschland, Endbericht – August 2020, Forschungsprojekt im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V.
3 Energieagentur NRW, Das energieeffiziente Büro, 2014
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