Flandern, auch Flämische Region genannt, ist der nördliche Teil des heutigen Königreichs Belgien. Im südlichen Teil des Landes, der Wallonie, wird überwiegend Französisch gesprochen, in Flandern ist die Amtssprache Niederländisch. Fragt man Niederländer oder Belgier, wird man auf die leichten Unterschiede in der Sprache hingewiesen.
Flandern Brügge Gent Antwerpen
Die heutige Region Flandern hat in Bezug auf ihre geografische Ausdehnung nur eine Schnittmenge mit der mittelalterlichen Grafschaft Flandern. Diese lag im Westen und erstreckte sich deutlich in das heutige Frankreich hinein. Das heutige Flandern hingegen geht von der Nordsee bis nach Deutschland , Teile der mittelalterlichen Herzogtümer Brabant und Limburg gehören ebenfalls dazu.
Niederländisch wir im Norden Belgiens deswegen gesprochen, weil die Region zeitweise unter niederländischer Herrschaft stand. Nach Herrschaften der spanischen Habsburger, der österreich-ungarischen Habsburger und Frankreichs wurde 1815 auf dem Wiener Kongress das Vereinigte Königreich der Niederlande aus der Taufe gehoben, welches die Region mit umfasste. In der 15 Jahre späteren Belgischen Revolution 1830 wurde dann der Südteil abgespalten und das Königreich Belgien gegründet, seitdem ist Flandern und die Sprachteilung Belgiens wie eine geschichtliche Nahtlinie.
Im ersten Weltkrieg verlief die deutsch-französisch-britische Frontlinie durch Flandern hindurch. Es wurden vier Flandernschlachten in den Jahren 1914-18 geführt. Die Geschichtsbüchern dokumentieren die immense Zerstörung in Dörfern wie Passendale und Städten wie Ypern.
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Routenbeschreibung
Wir durchqueren Westflandern, Ostflandern und die Provinz Antwerpen auf unserer viertägigen Radtour durch Belgien und die Niederlande. Wir reisen per Bahn in Brügge an, fahren nach Gent, nach Antwerpen, verlassen Flandern in die Niederlande nach Eindhoven und fahren nach Düsseldorf zurück. Es ist Anfang November und der Wetterbericht durchwachsen. Wir hoffen auf ein bißchen Glück und dass unsere Regenjacken halten, was sie versprechen. Die Temperaturen liegen zwischen 5 und 10 Grad, unproblematisch, solange nicht Regen dazu kommt. Wird aber.
Die Strecke beläuft sich auf etwa 330km und ca. 720Hm. Für die Stops in Brügge, Gent und Antwerpen möchten wir uns etwas mehr Zeit nehmen. Da zwischen diesen Städten keine Tag-füllenden Distanzen liegen, sollte das möglich sein. Zwischen Brügge und Gent sind es nur 60km, zwischen Gent und Antwerpen 80km, wenn man die schönere, etwas längere Route entlang der Schelde nimmt. In jedem Fall bleibt genug von den Tagen übrig, um sich die Städte anzuschauen.
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Brügge
Als 1134 eine Sturmflut die Zwin öffnete, einen Seearm von Brügge zur Nordsee, muß dass für die damalige Welt wie eine Gönnerschaft Gottes ausgesehen haben. Nur sechs Jahre zuvor hatte Brügge die Stadtrechte erhalten, welch eine Koinzidenz. Bis dahin war die Stadt nur über ein schmales, kanalisiertes Flüsschen namens Reie an die See angebunden. Erst die Zwin war der Meereszugang, der Brügge zu einem Seehandelsplatz von Weltrang machte.
Gehandelt wurde unter anderem mit Schafwolle aus England, die Stadt wurde damit neben Antwerpen zu einem Zentrum der Tuchproduktion und Textilveredelung. Dies und der Seehandel mit vielen anderen Gütern machte Brügge zu einer Wiege des Frühkapitalismus.
Die Zwin versandete Ende des 15. Jahrhunderts und Brügge war wieder von der See abgeschnitten. Es war der Niedergang der Stadt, die Ihre Vormachtstellung an Antwerpen abgeben musste. Die Stadt verarmte und Jahrhunderte der Stagnation waren die Folge. An der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert hatte Brügge keinen Anteil. Aber hierin lag offenbar auch ein großer Vorteil: Wo nichts verändert wird, bleibt alles beim Alten. Brügge hat nur wegen seiner damaligen Bedeutungslosigkeit heute so viel mittelalterliche Substanz, die die Stadt kulturell bedeutsam macht.
Beginen waren Angehörige einer christlichen Gemeinschaft, welche in einer Gemeinschaft zusammenlebten. Die Organisation war ähnlich der eines Klosters. Die Bauform der Gebäudeensembles immer ähnlich. Neben den Beginen gab es noch die Begarden. In Flandern gibt es noch 26 solcher Höfe.
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Gent
Die Genter bezeichnen sich selbst als unbeugsam und ihre Stadt als „de fiere stad“, was soviel heißt wie „die stolze Stadt“. Natürlich findet sich jeder selbst am besten und stolze Städte gibt es auch viele. Aber angeblich standen Genter Vorkämpfer Invasoren in der Vergangenheit hartleibiger gegenüber als anderswo. So die Legende.
Gent hat zu Zeiten der Industrialisierung großen Aufschwung erlebt, ganz anders, als das zu dieser Zeit in die Bedeutungslosigkeit abgerutschte Brügge. In Gent wurde die mechanische Verarbeitung von Baumwolle und Leinen eingeführt. Eine geschmuggelte Webmaschine aus England hat in dieser Erfolgsstory den Anfang gemacht. Gent war eine der ersten industrialisierten Städte auf dem europäischen Festland.
Wie Brügge ist Gent voller historischer Bausubstanz. Über neuntausend denkmalgeschützte Gebäude füllen die Innenstadt. Trotz all der steinernen Geschichte ist die Genter Innenstadt nicht einseitig touristisch, wie Brügge, sondern voller Leben und Junger Leute, auch noch zu später Stunde.
Wie Brügge hat auch Gent einen Belfried. In flämischen und nord-französischen Städten sind solche hohen Glockentürme in Stadtmitte häufig vorhanden. Oft wurden sie zur Aufbewahrung besonderer Schätze genutzt. Der Belfried in Gent gehört seit 1999 zum Unesco Weltkulturerbe, wie alle Belfriede in Flandern und Frankreich.
Die große Fleischerhalle war der zentrale Handelsplatz für Fleisch im Mittelalter. Die Qualität der Waren wurden hier durch städtische Kontrolleure überwacht. Der Verkauf von Fleisch im Einzelhandel und die externen Überwachungsmethoden dafür kamen erst später. Ab dann verlor die Fleischhalle ihre Bedeutung.
Erstmals 1996 lobte die Stadt Gent einen Architekturwettbewerb aus, um den Emile Braunplain vor dem Belfried neu zu gestalten, der bis dahin ein Parkplatz war und durchaus als Brache hat bezeichnet werden können. Das Vorhaben und der Wettbewerb erzeugten viel Protest. Der Entwurf der Stadthalle, der heute gebaute Realität ist, wurde damals disqualifiziert. Aber nicht nur der Entwurf war vom Tisch, sondern gleich das ganze Vorhaben. Erst fast zehn Jahre später traute sich die Stadt Gent noch einmal einen Vorstoß zu wagen und lobte einen neuen Wettbewerb aus. Diesmal konnte der Entwurfsverfasser mit dem gleichen Entwurf eine Platzierung erreichen.
Die Stadthalle in Gent darf als polarisierendes Gebäude bezeichnet werden. Die einen finden es selbstbewußt und überzeugend, die anderen brachial und furchtbar, die nächsten finden es schlicht überflüssig oder gar störend. Tatsächlich muß die Frage gestellt werden, warum ein Platz, der als freier Raum den Gebäuden um ihn herum erst die gebührende Geltung verschafft, der Perspektiven öffnet und Blickbeziehungen erlaubt, unbedingt mit einem Dach bebaut werden muss. Klar, ein Dach kann man gut gebrauchen. Überdachte Marktplätze sind etwas wert, macht man dort gelegentlich Markt. Auch für kulturelle Ereignisse kann man ein Dach manchmal gut gebrauchen. Der funktionale Mehrwert wird jedoch in Gent mit verbauten Blickbeziehungen bezahlt. Denn die Stadthalle ist keine filigrane Dachkonstruktion, sondern eher raumverdrängend als raumschaffend. Daran vorbei zusehen ist nicht möglich.
Der Selbstanspruch der Stadthalle ist auch weitaus mehr, als nur ein Dach zu sein. Das Motiv des doppelten Giebels soll an das Rathaus erinnern. Die etwas sonderbare Form der Giebel und der schräge Schornstein an verbaute belgische Wohnhäuser erinner. Die Stadthalle versteht sich nicht als Zweckbau, sondern als Skulptur mit Botschaften. Aber sind die skulpturale Kraft und die Botschaften der Stadthalle wirklich eine Verbesserung im Vergleich zu einem freien Stadtraum?
Erst in der Nacht schafft das illuminierte Holzdach tatsächlich einen Raum. Eine einladende Herberge, die dem Besucher in einer kalten Novembernacht mit Nieselregen fast uterale Wärme spenden kann. Die perfekte Kulisse für einen Weihnachtsmarkt
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